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Die Lisztaffenkolonie der Universität Kassel

Der Lisztaffe war wie der Weißbüschelaffe bereits Altmeister A. E. Brehm unter dem Namen „Binche“ oder „rotschwänzige Midas (Midas oedipus)“ bekannt. Er berichtet 1864: „Die Midasaffen sind Bewohner Guianas und Brasiliens1. Sie leben in kleinen Gesellschaften und selten einzeln, ebenso in den waldigen Gegenden, wie in den buschigen, sandigen Ebenen. Nirgends sind sie besonders häufig und deshalb immer noch ziemlich selten in unseren Sammlungen. Ihre Hauptnahrung dürften Kerbtiere sein; auch in der Gefangenschaft stellen sie diesen nach. Alle diese kleinen Affen sind äußerst lebendig und ebenso gewandt auf der Erde, als auf Bäumen. Sie sind fähig, weite Sprünge von einem Ast zum andern oder von der Höhe in die Tiefe hinab zu machen. Wie alle Mitglieder der Familie, sind sie im höchsten Grade furchtsam und verstecken sich, sobald sie etwas Fremdartiges gewahren. Im aufgeregten Zustand erheben sie die Mähne und suchen sich dadurch möglichst furchtbar zu machen. Aengstigt man sie, so stoßen sie scharfe Schreie aus und drohen zu beißen; sie sind aber friedlich und harmlos. Leider ertragen sie die Gefangenschaft bei uns gewöhnlich nur kurze Zeit; denn sie sind noch zärtlicher2 als die Seidenaffen. Nur wenn sie sich in Gesellschaft von ihres Gleichen befinden, sind sie munter und vergnügt, allein fühlen sie sich sehr unglücklich und halten deswegen einen solchen Zustand auch wirklich nicht lange aus. Einem gestorbenen Gefährten folgen sie in der Regel sehr bald nach.“ (Seite 130 [12].
Knapp sechs Jahzehnte später wird der Lisztaffe in der schon erwähnten vierten Auflage des „Brehm“ von Geheimrat Prof. Dr. Ludwig Heck, dem Direktor des Berliner Zoos bearbeitet, er erhält dabei seinen heutigen deutschen Namen: „Die kleine Gruppe der Pinche-Äffchen zeigt gänzlich veränderte Färbung mit weißer Unterseite und Gliedmaßen, namentlich aber durch ihre langsträhnige weiße Perücke. Nach dieser könnte man die bekannteste Art, die nicht allzuselten lebend eingeführte eigentliche Pinche Leontocebus oedipus L. aus dem Gebiete von Cartagena und Turbaco in Ostkolumbien deutlich sehr wohl „Liszt-Äffchen“ nennen. Denn sie besitzt auffallend lange Kopfhaare, die über die Stirnmitte hervortreten und vom Hinterhaupte herbhängen; die Stirnseiten dagegen sind nackt“ (Seiten 457 - 458 [68]). An der unbefriedigenden Überlebenssituation hatte sich wohl nichts geändert: „Ein Pärchen, das einige Wochen im Berliner Tiergarten lebte, ...“ (Seite 458 [68]).
Erst 1957, mit dem Erscheinen des „Knaurs Affenbuch“3, zeichnete sich eine Überlebensperspektive für den Lisztaffen in Menschenobhut ab: „Jahr für Jahr werden zahllose Pinche nach Europa und den USA gebracht, doch immer wiederholt sich das gleiche Trauerspiel: Tierfreunde kaufen die entzückenden „Cotton-tops“ , die Baumwollköpfchen, bauen ihnen schöne und passende Käfige, verschwenden reichlich Zuneigung und Sorgfalt an sie, um dann tief enttäuscht zuschauen zu müssen, wie sie dahinsiechen und sterben. Das ist fast stets das für alle Beteiligten traurige Resultat. Auch Sanderson machte die gleiche betrübliche Erfahrung, bis er schließlich erfuhr, daß ein befreundeter Tierhändler seit manchen Jahren Pinche gesund und munter am Leben erhielt. Als sich Sanderson nach dem geheimnisvollen Kunstgriff erkundigte, der dies ermögliche, erhielt er zur Antwort, die Pinche bekämen das übliche Futter, dazu aber alle jene Vögel, die in diesem Geschäft starben; sie fraßen die kleinen Leichen mit Vergnügen. Seither gibt Sanderson seinen Pincheäffchen tote Kleinvögel und als Ersatz Mäuse, Insekten, Krabben, Leber mit rohem Ei, getrocknete Garneelen und Käse. Bei dieser Kost gedeihen sie gut und züchten sogar.“ (Seite 65 [180]).



Abbildung 7.1: Lisztaffe Saguinus oedipus oedipus, Zoo Porto


Mit diesem Vorwissen hatte es Herbert Wendt sicherlich leichter, Lisztaffen erfolgreich zu halten. In „Grzimeks Tierleben“, dem „Nachfolger“ des alten Brehm, erfahren wir von ihm: „Doch in unseren Breiten erweisen sie sich auch bei guter Pflege leider als recht anfällig. Von Ausnahmen abgesehen, trauern sie in ihren Käfigen regelrecht dahin und sterben nicht selten ohne erkennbare Ursache über Nacht. Die hohe Todesrate gefangener „Baumwollköpfchen“ ist vor allem darauf zurückzuführen, daß die Tiere zu wenig Bewegungsfreiheit haben und nicht ausreichend mit Wirbeltierfleisch und Ballaststoffen gefüttert werden. ... Denn bei reiner Früchte- Pflanzen- und Mehlkäferlarvenkost werden sie leicht von Magen-Darm-Entzündungen befallen und leiden dann an chronischer Koterweichung, die zum allmählichen Dahinsiechen und zum Tod führen kann.“ (Seite 373 [293]). Wendt verweist auch auf typische Krankheiten von Krallenaffen: „Gekäfigte Perückenäffchen leiden aber wie alle Krallenaffen nicht nur an Trichostrongyliden, Kratzern und anderen Eingeweideparasiten, sondern auch an einer Krankheit, die als „Käfigparalyse“ bekannt ist. Diese Erkrankung des Rückenmarks, der wahrscheinlich viele Tausende von Krallenaffen in Gefangenschaft zum Opfer gefallen sind, läßt sich durch natürliches Sonnenlicht oder Ultraviolettbestrahlung verhindern bzw. beheben.“ Seite 374 ([293]). Wendt berichtet aber auch über eigene positive Haltungserfahrungen ([292]) und solche seiner Tochter Sabine Wendt ([295]) an einer nah verwandten Species, dem Geoffroyi - Perückenäffchen, das Sabine Wendt gemeinsam mit Axel Willig in Gießen gehalten hat. Beide, der Lisztaffe und der Perückenaffe, werden heute gemeinsam mit dem Weißfussaffen als Saguinus oedipus oedipus, Saguinus oedipus geoffroyi und Saguinus oedipus leucopus einer einzigen Species Saguinus oedipus zugeordnet ([78]), unsere Lisztaffen wären also „korrekt“ Saguinus oedipus oedipus.
Ich hatte schon erwähnt, dass ich bzw. meine Weißbüschelaffen sehr von einer Publikation von Hampton ([65] profitiert haben, ich „glaubte“ den hohen Vitaminbedarf der Krallenaffen, wodurch unsere Weißbüschelaffen-Kolonie von Verlusten verschont blieb, die von anderen Haltern berichtet wurden. Im Oktober 1960 begann Hamilton [65], eine Primatenkolonie zu etablieren, er entschied sich dabei für Lisztaffen4. Zudem beobachtete er „seine“ Art auch im Freiland. „Oedipomidas, in nature, appears to travel only in small family groups consisting, perhaps, of two parents and their juvenile and/or infant offspring. This type of grouping is strongly suggested by our experience with animals in small and large cages.“ (Seite 243 [65]). In weiteren Arbeiten beschreibt er gemeinsam mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeiten die Haltungsbedingungen ([62], [63]) und veröffentlichtete Daten zur Reproduktionsbiologie ([60]). Die Hamptons berichten über Handaufzuchten ([64]) und über erwartete und unerwartete Charakteristika der Reproduktionsbiologie ([61]).



Abbildung 7.2: Weißfusstamarin Saguinus oedipus leucopus, Rio de Janeiro Primatenzentrum




Abbildung 7.3: Perückentamarin Saguinus oedipus geoffroyi, Kilverstone Zoo


1974 importierten wir5 unsere ersten 12 Lisztaffen Saguinus oedipus oedipus, nämlich am 14.10.1974. Mit unserer bewährten Krallenaffendiät gelang es uns, diese auch ohne weitere Zufütterung am Leben zu erhalten, wobei ich aber nicht verschweigen will, dass ihnen zusätzlich zu unserem Futterangebot leider unbegrenzt freilebende Schaben Blatella germanica zur Verfügung standen. Wir hielten unsere Lisztaffen anfänglich - wie die Weißbüschelaffen - mit optischem Kontakt zu Artgenossen, mussten aber sehr schnell erkennen, dass für diese Art die Koloniehaltung ungeeignet ist. Für Lisztaffen ist der optische Kontakt zu Artgenossen eine permanente Bedrohung, so dass wir darauf achteten, dass diese Artgenossen nicht sehen konnten6 Selbst kurzer (oder gerade kurzer) Kontakt, durch Absenken einer Zwischenwand, führte zum sofortigen Abort. Dagegen behielten die Lisztaffen aber optischen Kontakt zu gegenüber gehaltenen anderen Neuweltaffen, was ich aus Gründen der Abwechslung für wichtig halte. Erst im April 1985 konnte ich in einem von mir geplanten Neubau die Haltung nach meinen Vorstellungen perfektionieren. In 4 Räumen standen 37 gleiche Käfige (240 cm hoch, 70 cm breit und 180 cm tief) zur Verfügung, die Zwischenwände konnten beliebig ausgetauscht werden (jeweils drei Elemente), so dass wir uns für solide oder Gitterwände entscheiden konnten. Hier hielten wir dann alle Krallenaffen mit Gitterkontakt zu anderen Arten, so dass sie an deren Familienleben teilhaben konnten. Individuen der eigenen Art hingegen lebten (mehrere Käfige entfernt) hinter einer soliden Wand.



Abbildung 7.4: Anfänglich statteten wir die Haltungskäfige mit Leitern aus, unsere Lisztaffen bevorzugten daher das Springen.


Wie auch in anderen Kolonien war der Reproduktionserfolg anfänglich sehr eingeschränkt.7 Unser erster Nachzuchtlisztaffe, das Männchen S11, über den ich noch berichten werde, wurde am 27.09.1976 geboren. Am 27.07.1977 übernahmen wir noch acht 1973 importierte Wildfänge von den Behringwerken in Marburg. Neben diesen 20 Wildfängen erhielten wir ab 1985 drei in Bielefeld geborene Nachzuchtweibchen, auf eines dieser Weibchen, das Bielefelder Weibchen UW1, das bei uns den Hausnamen SWolters erhielt, wird noch ausführlich eingegangen. Ein weiteres Wildfangmännchen übernahmen wir noch von Privathaltern, gaben es aber dann an die Bielefelder Kollegen weiter. Die Wildfänge wurden bei uns sehr alt, wir wissen nicht, wie alt diese bei Import waren, mehrere Individuen starben erst 16 Jahre nach Import. Besonders erwähnenswert ist sicherlich das Männchen S9. 1975 entnahm ihm Wolfgang Scheffrahn Blut für serogenetische Untersuchungen und meinte, dieses Männchen sei schon sehr alt, es würde uns sicher bald verlassen. Schätzen wir sein Alter vorsichtig mit damals 10 Jahren, dann wäre S9 bei seinem Tod am 23.08.89 24 Jahre alt gewesen und hätte sein letztes Kind im Alter von 21 Jahren gezeugt. Erfolgreich züchteten wir Lisztaffen ab 1978. Über die Jahre hielten wir parallel etwa dreißig Individuen und gaben bis 1995 59 Individuen an andere Institutionen bzw. auch an Privathalter ab. Die Kasseler Lisztaffenhaltung war also überaus erfolgreich.



Abbildung 7.5: Später hängten wir die Leitern waagerecht auf, unsere Lisztaffen bevorzugten nun das Laufen und Klettern.


Mit meiner Mitarbeiterin Annette Klaiber ([266]) analysierte ich auch die Reproduktionsdaten unserer Lisztaffenkolonie. Insgesamt wurden 180 Kinder geboren (33 Einlinge, 69 Zwillingpaare, dreimal Drillinge), teilweise in dritter Generation. 52% dieser Kinder überlebten die erste Lebenswoche, wobei Handaufzuchten als Todesfälle gezählt wurden. Primipare Nachzuchtweibchen (n = 12) waren nahezu so erfolgreich (45%) wie Multipara. Sobald die jungen Lisztaffen die erste Lebenswoche abgeschlossen hatten, wurden 89% erfolgreich aufgezogen und mindestens 1 Jahr alt. Da Lisztaffenweibchen im Beisein ihrer Mutter nicht züchten, gibt das mittlere Alter der Primipara bei Geburt keine sinnvolle Information, das jüngste Nachzuchtweibchen war bei der Geburt ihres ersten Kindes 2 Jahre und neun Monate alt und zog ihren Einling erfolgreich auf. Das Faktum, ob die Weibchen ihre Jungtiere erfolgreich aufzogen oder nicht, hat keinen Einfluss auf die Abstände der Geburten. Im Mittel war das Intervall von Weibchen mit Jungtieren (n = 40) 298 ± 23 Tage und 273 ± 18 Tage für Weibchen ohne Jungtiere (n = 42). Das kürzeste Geburtenintervall betrug 183 Tage. Eine deutliche Saisonalität war in der Kolonie nicht erkennbar. Das Geschlechterverhältnis (m : f) aller Kinder war 1 : 0,74, das Verhältnis zwischen mm : ff : mf Zwillingsgeburten 1 : 0,75 : 2,5.
Erste eigene systematischen Beobachtungen führten meine Mitarbeiterin Barbara Lührmann und ich im Juli 1977 gemeinsam durch ([272]). Da unsere Lisztaffen das Beobachtetwerden nicht gewöhnt waren, wir aber an schnellen Ergebnissen wegen des im September 1977 stattfindenden Workshops in Göttingen angewiesen waren, „liehen“ wir uns den Käfig der gegenüber gehaltenen Springaffen und beobachteten unsere erste Familiengruppe, das Wildfangpaar S3 und S4 und seinen zum Zeitpunkt der Beobachtung 10 Monate alten Sohn S11, über 3 Aktivitätstage von 7.00 - 19.00 Uhr (36 Stunden lang) aus diesem Käfig heraus. S4 war bereits wieder trächtig. Die Aktivitätszeit dauert weniger als zwölf Stunden, dies war sehr auffällig, scheint aber - wie noch durch unten angeführte Publikationen belegt - eine genetisch fixierte Eigenschaft der Lisztaffen zu sein, die sowohl in Menschenobhut als auch im Freiland offensichtlich wird. Bei dem Sichputzen war die Mutter am aktivsten, nämliches galt für die Soziale Körperpflege, dabei war der Vater attraktivster passiver Sozialpartner beim Allogrooming, Kampfspiel wird nur vom als Sozialpartner unattraktiven Jungtier initiiert, nur die Mutter ging auf das Spielen ein. Alle drei Gruppenmitglieder markierten selten, doch war auffällig, dass das Weibchen dieses Verhalten häufiger zeigte als die anderen Gruppenmitglieder.
Bereits vor diesen Befunden beobachtete Marett Grebian8 zwei Paare, auch sie stellte heraus: „Die Weibchen markieren9 stets häufiger als die Männchen.“ (Grebian, Seite 33).



Abbildung 7.6: Wegen des Männchenmangels verpaarten wir auch eine Lisztaffen-Dame mit einem Braunrückentamarin-Mann.




Abbildung 7.7: Die erfolgreich erprobte Einrichtung behielten wir in der Primatenstation bei. Rechts erkennt man die Schieberverbindung zum Nachbarkäfig und die Gitterwand, die es den Tieren erlaubt, mit den Nachbarn Kontakt aufzunehmen bzw. diese zu beobachten.


Zudem waren „bei unseren10 Untersuchungen .... die Weibchen sowohl bei der sozialen Körperpflege als auch beim Sichputzen aktiver als die Männchen“ (Grebian, Seite 43). Präferierte Lokomotionsweisen sind abhängig vom Inventar. Gegenseitige Stimmungsübertragung war bei Nahrungsaufnahme, Sichputzen und sozialer Körperpflege ([276]) offensichtlich. Die besondere Rolle der Mutter bestätigte auf demselben Workshop der Bielefelder Lisztaffenforscher Jürgen Wolters, Mütter sind bei Sozialkontakten aktivere Partner, Mütter markieren häufiger als Väter.([297]).
Auch bei einer gründlichen Untersuchung an 12 Lisztaffenpaaren Saguinus oedipus oedipus, die Brigitte Rohrhuber in meiner Kolonie und am Deutschen Primatenzentrum (DPZ) durchführte, wurde der geschlechtstypische Unterschied bei dem Markieren nachgewiesen. „Insofern ist besonders bemerkenswert, dass nach den hier vorgestellten Beobachtungen an Lisztaffen-Paaren die Weibchen häufiger Anogenitalmarkieren zeigen, während die Männchen die Weibchen häufiger besteigen und beriechen. Dabei markieren sowohl etablierte wie auch neugebildete Paare besonders häufig in den ersten vier bis sechs Wochen nach der Neuverpaarung bzw. dem Beobachtungsbeginn (verbunden mit Raumwechsel), insgesamt markieren jedoch die Weibchen der neugebildeten Paare stets häufiger als die der etablierten Paare“(Seite 118, [173]).11



Abbildung 7.8: Im Hintergrund erkennt man den von Außen verschlossenen Durchgang zum Außengehege. Der Innenschieber ist unten und gibt den Weg zum Außengehege frei.


In ihrer Dissertation ([173]) findet sich auch eine detaillierte quantitative Analyse des lokomotorischen und quantitativen Verhaltens von sechs Paaren12.



Abbildung 7.9: Die Paarpartner halten stets Sozialkontakt.


Scheinbar13 individuelle Unterschiede bei dem Markieren der Weibchen belegte bereits Marett Grebian: „Da wohl gerade dem Markieren der Weibchen besondere Bedeutung zukommt, untersuchten wir14 den Einfluss der Anwesenheit eines weiteren Weibchens auf die Markierhäufigkeit, so stieg diese bei S2 auf das Neunfache pro Halbestunde (n = 45), als ein anderes Weibchen (S6) in den Nebenkäfig gesperrt wurde. Auch bei S6 war eine hohe Markierhäufigkeit festzustellen (n = 70), die wahrscheinlich auch durch die neue Umgebung bedingt war. Auffällig war jedoch, dass nach Zusammenlassen der beiden Weibchen nur die dominante S2 markierte und zwar sehr häufig, S6 hingegen stellte das Markieren völlig ein. Zur weiteren Klärung setzten wir das solitär gehaltene Weibchen S8 zu den gemeinsam gehaltenen Weibchen S2 und S6, auch hier markierte das neuhinzukommende Weibchen S8 nicht. Die beiden anderen Weibchen dagegen markierten sehr häufig, nämlich S2 in den ersten 30 Minuten 55 mal und S6 40 mal. In der zweiten Halbenstunde markierte S2 84 mal und S6 51 mal. Bei einer Kontrollbeobachtung am nächsten Tag markierte S2 in 30 Minuten 34 mal und S6 dreimal, wobei berücksichtigt werden muss, dass zwischen S2 und S6 augenscheinlich in den Morgenstunden ein Kampf stattgefunden hatte. Eine Woche später konnte bei dem Weibchen S6 kein Markieren beobachtet werden, S2 hingegen markierte in 30 Minuten 7 mal, davon dreimal das Weibchen S615“ (Grebian, Seiten 34 - 37).16
Die in den nächsten Jahren zunehmenden Zuchterfolge und unsere täglichen Trageprotokolle erlaubten, auch die besondere Rolle der einzelnen Gruppenmitglieder zu analysieren, so konnte Petra Schroer 198417 feststellen: „In all unseren Aufzuchten sind der Vater wie die Mutter und oft auch die Geschwister vom ersten Tag an am Tragen beteiligt; hierbei war in der ersten Woche bei jeweils fünf Aufzuchten der Vater bzw. die Mutter Haupttragtier. Bei einer Aufzucht (....) tragen sogar die „Geschwister“ in der ersten Woche am häufigsten. Schlussfolgerungen, die Mutter bzw. der Vater seien zu Beginn der Aufzucht eindeutiges Tragtier, lassen sich hiermit sicherlich nicht ziehen; festzuhalten ist vielmehr, dass beide Elternteile sofort nach der Geburt am Tragen der Jungen beteiligt sind. Dies kann als gesichert gelten. Es sei noch bemerkt, dass ein Vergleich der Trageleistungskurven der Väter bzw. der Mütter untereinander keine einheitlichen Ergebnisse ergibt; ... Genau wie bei Callithrix ist die bloße Anzahl der Geschwister nicht ausschlaggebend für das Trageverhalten; auch das Alter spielt keine entscheidende Rolle. Zusammenfassend kann man sagen, dass auch bei Saguinus oedipus die Frage nach dem „Hauptträger“ nur schwer zu beantworten ist“ (Schroer, Seite 84), ist doch die individuelle Variation der Helfer beim Tragen der Jungen hoch (vgl. auch Tardif et al. 1992 ([219]).
Gemeinsam mit meiner Mitarbeiterin Cornelia Schäfer-Witt analysierte ich nach 30 Geburten von Callithrix jacchus und 24 Geburten von Saguinus oedipus oedipus den Anteil der einzelnen Gruppenmitglieder an dem Tragen der Jungtiere im Speciesvergleich ([279]). Da - wie bereits berichtet - häufig Zwillinge geboren werden, ist die Analyse nicht einfach. Wir führten daher den Begriff „Trageleistung“ neu ein. Die Trageleistung ist die Leistung, die die Gruppe in ihrer Gesamtheit leisten muss, um die Jungtiere sicher zu transportieren. Bei Zwillingsgeburten war die Leistung des Tragtieres beim Tragen beider Zwillinge doppelt so hoch wie beim Tragen nur eines der Jungtiere ([279] (vgl.auch Kapitel 6).
Die grundsätzlichen Ergebnisse bei beiden Species (Weißbüschelaffen Callithrix jacchus und Lisztaffen Saguinus oedipus) sind die nämlichen. Die Mutter trägt die Jungtiere am häufigsten in der/den ersten Lebenswoche(n), dann nimmt ihre Trageleistung kontinuierlich ab. Die Trageleistung des Vaters hingegen nimmt mit zunehmendem Alter der Jungtiere zu, bis zu einem Maximum, dann aber auch kontinuierich ab, nämliches gilt für Geschwister. Mit diesen generellen Aussagen sind aber auch die Gemeinsamkeiten beider Species erschöpft. Die genauere Analyse zeigt, die Tragezeit bei beiden Species ist unterschiedlich, Lisztaffen werden viel länger getragen als Weißbüschelaffen. Tatsächlich ist die Tragezeit doppelt so lang, prinzipiell sind Callithrix jacchus - Kinder bereits mit 10 Wochen selbständig, Saguinus oedipus oedipus - Kinder mit 20 Wochen. Nur bei Saguinus oedipus oedipus sind die Mütter in den ersten Lebenswochen Haupttragtiere. Die Anzahl der Jungtiere (Einlinge oder Zwillinge) hat nur für den Lisztaffen - Vater Bedeutung, seine Trageleistung ist bei Zwillingen signifikant höher als bei Einlingen, dies gilt nicht für Weißbüschelaffen. Bei beiden Species tragen Väter weniger bei Anwesenheit weiterer älterer Jungtiere, besonders auffällig ist dies aber nur bei Saguinus oedipus oedipus, hier ist der Vater bei Anwesenheit weiterer „Helfer“ erst ab der 8. Lebenswoche Haupttragtier. Diese Ergebnisse fanden Bestätigung durch Befunde von Tardif et al. (1990) ([218])18. Über Gründe für diese Unterschiede ist vielfach spekuliert worden19.



Abbildung 7.10: Prozentuale Anteile des Getragenwerdens und des Alleinseins bei Callithrix jacchus. Durchgezogene Linie: Trageleistung des Vaters; gestrichelt: Trageleistung der Mutter; Strich-Punkt-Strich: Trageleistung der Geschwister; eng-gestrichelt: Alleinsein.




Abbildung 7.11: Prozentuale Anteile des Getragenwerdens und des Alleinseins bei Saguinus oedipus oedipus. Legende vgl. Abbildung 7.10.


Doch sind diese Spekulationen nicht weiterführend, handelt es sich doch offensichtlich um Speciesunterschiede, die beide Species - genetisch fixiert - von ihren Ahnen geerbt haben. Genetisch fixiert ist sicherlich auch die Tragzeitlänge, diese ist bei Saguinus oedipus oedipus mit 183,7 ± 1,14 Tage erheblich länger als bei Callithrix jacchus ([306]). Callithrix und Saguinus haben unterschiedliche Evolutionswege genommen. Saguinus - Arten fehlen z. B. im Atlantischem Regenwald ([179]). Callithrix hat wohl dort (im Süden) seinen Ursprung, während Saguinus sich vom Norden nach Süden ausgebreitet hat. Artunterschiede sind also evolutionsgeschichtlich bedingt.



Abbildung 7.12: Saguinus oedipus oedipus, Universität Kassel


Aber nun zurück zu unserer Kolonie. Am 28.02.1981 verpaarten wir das verwitwete Männchen S9 mit der vorher nur allein oder mit anderen Weibchen gehaltenen S8. Am 07.10.1981 belegten S9 und S8 mit der Geburt zweier Jungtiere die erfolgreiche Verpaarung. Doch waren beide Jungtiere tot und angefressen. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich noch die Vorstellung, totgeborene Jungtiere würden aus energieerhaltenden Gründen angefressen. Ich stellte mir auch vor, dass die Mutter oder der Vater beim Reinigen der Jungtiere „versehentlich“ diese möglicherweise verletzt hätten, doch sollte S8 mich eines anderen belehren. Vorausschicken muss ich, dass wir bei unseren tagaktiven Primaten Geburten nur selten erlebt haben, erfolgen diese doch in der Regel zu Beginn oder am Ende der Aktivitätszeit. Am 28.07.1982 verspätete ich mich und kam zu meinem täglichen Abendrundgang erst nach 19.00 Uhr (dem Zeitpunkt des Ausschaltens der Raumbeleuchtung), entschloss mich aber trotzdem, den Abendrundgang durchzuführen. Beim Öffnen der Tür des Haltungsraumes sah ich, dass bei S8 der Geburtsvorgang mit der Austreibung eines Jungtieres begonnen hatte. S8 unterstützte die Geburt und zog mit beiden Händen an dem Jungtier, packte das Jungtier und führte es an den Mund, biss in den Kopf und begann es zu verspeisen. Während S8 mir demonstrierte, dass Kannibalismus bei Lisztaffen zum Verhaltensrepertoire gehört, wurde S39 geboren, S39 kletterte selbständig auf den Rücken der Mutter, dann ließ S8 den Kadaver des kopflosen Kindes fallen und griff nach S39 und biss dieses Jungtier zweimal in den Kopf. Ein weiteres Auffressen zu beobachten, wollte ich mir ersparen und schloss den Haltungsraum. Am nächsten Morgen war (und blieb) S39 am Leben. Ich bildete mir ein, dass eventuell meine Störung für dieses Überleben verantwortlich war. Am 05.04.1983 gebar S8 erneut (S47), S47 überlebte und wurde tadellos versorgt. Noch fünf weitere Male erfreute uns S8 mit Nachwuchs, dreimal mit Zwillingsgeburten (04.12.1983, 19.06.1984, 01.03.1986), wobei jeweils ein Zwilling überlebte und der andere ohne Kopf vorgefunden wurde, und zweimal mit Einlingen (13.08.1985 und 25.09.1986), die beide zwar nicht kopflos aber tot und angefressen geborgen wurden. S8 war zweifellos ein erfolgreiches Zuchtweibchen und Mutter einer relativ großen Sozialgruppe. Ob sie möglicherweise durch meine Störung „gelernt“ hatte, ein Junges dürfe überleben, muss offen bleiben, doch ist diese Spekulation sicherlich erlaubt.



Abbildung 7.13: Saguinus oedipus oedipus, Universität Kassel


In Kassel verpaarten wir das Männchen S23 und das Weibchen S25, beide hatten keinerlei Erfahrung bei der Aufzucht von Geschwistern sammeln können. Sie reproduzierten sich in unserer Kolonie seit dem 01.04.1982 sechsmal, zogen aber keines der unverletzten Jungtiere auf, waren also „Spender“ zahlreicher Handaufzuchten, wobei ich über eine, S36, berichten werde (s.u.). Dies scheint die Erfahrung von Tardif et al. 1984 ([223]) zu bestätigen, sie berichten, kein Kind von unerfahrenen S. oedipus oedipus Müttern würde überleben, die Erfahrung des Vaters dagegen hätte keinen Einfluss auf den Aufzuchtserfolg. Dass die Lisztaffenweibchen das Aufziehen der Jungen „lernen“ müssten, wird in mehreren Publikationen betont. Dies gilt aber nicht durchgängig, in unserer Kolonie verpaarten wir am 15.11.1984 das Männchen S42 und das Weibchen S48, beide hatten keinerlei Aufzugserfahrung. Dennoch zogen diese ihre am 02.07.1986 geborenen ersten Jungtiere (die Männchen S85 und S86) sofort erfolgreich auf. Sie widerlegten damit die Annahme, Lisztaffenweibchen müssten das Aufziehen der Jungtiere „lernen“. Dies zu testen, war damals nicht mein Anliegen, dennoch würde ich heute S25 neu mit zwei Männchen (Vater und Sohn oder zwei nicht mit ihr verwandten Brüdern) verpaaren, ich vermute, dass dann S25 ihre Jungtiere auch aufziehen würde, doch muss auch diese Vermutung Spekulation bleiben.



Abbildung 7.14: Saguinus oedipus oedipus, Vivarium Oslo


Forschungsmäßig interessiert waren wir auch nicht an der Handaufzucht von Jungtieren (sehen wir einmal von unseren Experimenten mit Macaca fascicularis ab). Handaufzuchten fielen vielmehr an, da meine Mitarbeiterinnen, Mitarbeiter und ich emotional von den hilflosen Jungtieren „angesprochen“ wurden und ich selber unverletzte und gesunde Tiere nicht einschläfern wollte. Die ersten Handaufzuchten habe ich am eigenen Körper getragen (vgl. auch Kapitel 6), wurden sie unruhig, dann wurden sie mit Milch (Aptamil) versorgt. Sie haben auch die Nächte mit mir (und meiner Frau) geteilt. Sie wuchsen so - ohne zusätzlichen Arbeitsaufwand - „nebenbei“ auf. Zwei Weißbüschelaffen Minus (C65, geb. 17.03.1979) und Mina (C72, geb. 29.07.79) lebten nach dem Selbständigwerden in unserem Haus in Grifte und waren - sieht man von den Harnmarken von Minus ab - angenehme handzahme Hausgenossen. Sie vertrugen sich auch mit unserem am 27.11.1976 geboren Sohn Armin und kletterten gerne auf uns herum. Ihre Gefährlichkeit wurde deutlich, als ein Freund, Jens Klinker, bei uns Gast war, und mit Armin auf dem Schoß im Wintergarten in der Nähe des Haltungskäfigs saß. Als ich die beiden Weißbüschelaffen versorgen wollte, sprang einer von ihnen nicht - wie üblich - zum Futter, vielmehr - wie der Blitz - auf Jens Schulter und biss ihn in die Backe. Da Jens Biologe war, war dies nicht dramatisch, doch waren Handwerker im Haus (und konnten die Affen entkommen), dann sprangen und rannten sie beide in nicht friedvoller Absicht zu diesen, wobei es mir stets gelang, sie mit der Hand zu greifen und den Zubiss zu verhindern. Irgend etwas lief mit ihnen „falsch“. Heute weiß ich, sie waren geschlechtsreif und verhielten sich artgerecht, aggressiv zu Individuen des eigenen Geschlechts, hielten sich aber auch für Menschen. Sie hatten zwei Artidentitäten (vgl. auch Kapitel 6). Nämliches gilt für Lisztaffen. Das Weibchen S36 (s.o.) wurde in den ersten zwei Lebenstagen von meiner Mitarbeiterin Petra Pippert versorgt, dann übernahm ich (bzw. meine Familie und gelegentlich auch unsere Kinderfrau Brigitte Schütrumpf) die Pflege. Cosima, so wurde S36 genannt, lebte friedlich über Monate in unserer Küche in einem vor der Heizung stehenden Makrolonkäfig und war eine der Freundinnen meiner Kinder Armin und Susanne (geb. am 11.01.1980). Cosima lebte bei uns 13 Monate. Dann besuchte mich mein Bruder Michael, ein systematischer Theologe, und war von Cosima begeistert, er hätte sie am liebsten mitgenommen. Gerne gaben wir ihm Cosima mit, diese wechselte sozusagen zu neuen Eltern. Auch meine Schwägerin Ulrike war von Cosima begeistert. Ulrike und Michael nannten sie - warum auch immer, ich persönlich habe niemals einem Affen mit Namen einen neuen gegeben, „Humphrey“. Meine Schwägerin war der Meinung, der kleine Affe bräuchte Bewegung, und ließ sie regelmäßig raus aus ihrem Haltungskäfig, so dass sie die ganze Wohnung erkundete. Einmal biß Cosima auch in eine Elektroleitung, worauf beide entsetzt waren, sie sprangen auf, um Cosima dazu zu bringen, ihren Haltungskäfig wieder aufzusuchen, was auf Cosima wohl einen nachdrücklichen Eindruck machte. Bei zukünftigen Erkundungen der Wohnung, ging Cosima nach einiger Zeit zu einer Leitung, kontrollierte, ob sie auch beobachtet wurde, und biss hinein, sie startete so erfolgreich Verfolgungsjagden durch die gesamte Wohnung, bis sie schließlich „aufgab“ und sich in ihren Käfig zurückzog. Sie hatte also ihre Eltern „trainiert“. Diese litten nur darunter, dass sie regelmäßig bei Abwesenheit Cosima in Pflege geben mussten, sie hatten den Eindruck, bzw. Cosima vermittelte den Eindruck, dass diese unter der Trennung litt. Insofern war es ein glücklicher Umstand, dass nach ca. 6 Monaten „gemeinsamer Haltung“ Ulrikes Freundin Ute die beiden besuchte, sich in Humphrey „verliebte“ und vice versa. Cosima hatte in Ute ihren Paarpartner gefunden. Beide lebten glücklich miteinander, doch behielt Cosima das Krallenaffen typische Verhalten, aggressiv zu Individuen des eigenen Geschlechtes zu sein, bei20. Als Ute 1985 ihren heutigen Lebenspartner kennen lernte, musste sie sich entscheiden, Cosima oder der Partner, wurde dieser nämlich bei jeder Gelegenheit von Cosima gebissen. Wer einmal erlebt hat, mit welcher Geschwindigkeit handaufgezogene Krallenaffen den Haltungskäfig verlassen und Konkurrenten angreifen und beißen, kann nachvollziehen, dass es zur Trennung keine Alternative gab. So kehrte Cosima am 09.11.1985 (ca. 3,5 Jahre alt) in die Primatenstation zurück.



Abbildung 7.15: Jungtier mit Fellmutter


Sicherlich war für dieses Verhalten auch unser System der Handaufzucht verantwortlich. Wir ersetzten zwar später das Tragen am Körper durch einen Wärmetisch, gaben aber weiterhin die Milch per Hand. Ob das aufwendige Handling ohne Kontakt zum Menschen oder aber der reduzierte Kontakt - wie von Kaumanns et al. (1986) beschrieben ([108]), die Lisztaffen werden in einem Aufzuchtkasten gehalten, den „die jeweilige Pflegeperson nach Dienstschluß in ihre Wohnung mitnimmt. ... Die Lisztaffenkinder werden nie mit bloßen Händen angefaßt.“ (Seite 52) - bessere Resultate liefert, mag möglich sein, doch gab es bei uns für einen solchen Aufwand keine Mittel, kein Personal und vor allem kein Forschungsinteresse. Wir verschenkten unsere Handaufzuchten bevorzugt an Privathalter, die über die Historie und die Probleme informiert waren. Diese Strategie hielten wir durch, bis wir erfahren mussten, dass unsere Problemtiere auf dem Markt mit dem Zusatz „garantiert handaufgezogen“ zum Kauf angeboten wurden. Danach gab ich die Anweisung, dass kein Krallenaffe und kein männlicher Springtamarin (vgl. auch Kapitel 8) mehr bei uns mit der Flasche aufgezogen werden durften. Die jungen Affen schläferte ich dann nach dem Morgenrundgang schmerzlos ein. Meine tierliebenden wissenschaftlichen Mitarbeiter und meine als Pflegemütter mehrfach bewährten Tierpflegerinnen, die bei der Pflege der Kolonie immer auf die mittlerweile gefährlichen erwachsenen Handaufzuchen reagieren mussten, akzeptierten zustimmend diese Weisung, wenngleich alle weiterhin emotional an den hilflosen Jungtieren hingen.



Abbildung 7.16: Saguinus oedipus oedipus, Universität Kassel




Abbildung 7.17: Saguinus oedipus oedipus, Universität Kassel


Ich möchte noch von zwei weiteren Ergebnissen unserer jahrelangen Haltung berichten: Das Wildfangpaar S7/S1 lebte seit Import (14.10.1974) zusammen, nach zwei Aborten zog es gemeinsam S19 und S20 (geb. 18.11.78) auf, und nach zwei erfolglosen Einlingsgeburten am 08.06.1981 das Zwillingspaar S31 und S32, wobei S31 im Alter von vier Tagen starb. S19 wurde bereits am 22.08.1979 abgegeben, S7 starb am 06.09.1981, S20 am 20.09.1981, so dass aus dieser Gruppe nur S1 und ihr drei Monate alter Sohn S32 übrigblieben. Sie wurden „nur so“ gehalten, wurden aber unverhofft zu Subjekten einer Langzeitbeobachtung. Am 21.01.1984 gebar nämlich S1 unerwartet und ungeplant Zwillinge (zwei Männchen, S55 und S56). Diese konnte nur S32 gezeugt haben, S32 war zum Zeitpunkt der Geburt 631 Tage alt, er musste also im Alter von einem Jahr und zweieinhalb Monaten bereits zeugungsfähig gewesen sein. Darüber hinaus belegte S1, dass Lisztaffenweibchen offensichtlich in der Lage sind, bzw. durch endogene Prozesse nicht gehindert werden, sich mit einem Sohn zu verpaaren. Die Inzucht Mutter/Sohn ist also eine nachgewiesene Option für sich reproduzierende Lisztaffenweibchen. Wir freuten uns über dieses nicht gewollte Experiment und ließen die vier zusammen. Am 11.12.1984 wurde ein weiteres Bruderpaar (S65 und S66) geboren und aufgezogen. Am 08.05.1985 beobachteten wir, dass S56 seinen Bruder S55 massiv bedrängte. Wir entschieden uns daher, S55 zu separieren. Wenige Monate später ließ ich diese Familiengruppe beobachten, was Gabriele Imgrund im Rahmen ihrer Staatexamensarbeit21 dankenswerterweise übernahm.
Gabriele Imgrund gab „ihren“ Lisztaffen zuerst Namen, die Mutter S1 nannte sie „Omalia“, S32 „Claudius“, S56 „Toby“, S65 „Erni“ und S66 „Danny“. Wie auch aus dem Titel ihrer Arbeit hervorgeht beobachtete sie auch eine Famile des Braunrückentamarins Saguinus fuscicollis (in der sich auch eine Tochter befand), ebenfalls über 36 Stunden. Zur Käfignutzung führte sie aus: „Sie betreten dabei so gut wie nie den Erdboden“ (Imgrund, Seite 6)22. Sie belegte Speciesunterschiede bei der Aktivitätszeit, das Anfangsmaximum liege bei Saguinus oedipus zwischen 9.00 und 10.00 Uhr, bei Saguinus fuscicollis hingegen zwischen 7.00 und 8.00 Uhr (Imgrund, Seite 19), die Lisztaffen suchen den Schlafkasten spätestens um 18.00 Uhr auf, Saguinus fuscicollis später. Damit stützte Gabriele Imgrund unsere bisherigen Befunde an Saguinus oedipus oedipus. Zum sozialen Zusammenleben führte sie aus, „... dass in beiden Familiengruppen die Eltern sich als Sozialpartner präferieren, ebenso die gleichalten Geschwister. Darüber hinaus scheint zwischen den Vätern und Söhnen eine vergleichsweise engere Bindung zu bestehen als zwischen Mutter und Tochter“ (Imgrund, Seite 36). Speziell zu den Lisztaffen bemerkte sie: „Am häufigsten spielen die jüngsten Gruppenmitglieder, Erni und Danny, gemeinsam, am wenigsten ist die Mutter am Spiel beteiligt“ (Imgrund Seite 66). Zur Aktivitätsrhythmik der Gruppe gibt sie den Hinweis, „... dass die Ruhephasen der Juvenilen zeitlich zwar mit denen ihrer Eltern und des älteren Bruders übereinstimmen, doch nach meinen23 Beobachtungen von beiden Kindern häufig unterbrochen werden, wohl um miteinander zu spielen. Deshalb konnten eventuell die Eltern und Toby nie längere Zeit in Ruhe zusammensitzen, wie dies bei Saguinus fuscicollis beobachtet wurde, sondern wurden möglicherweise von der spielerischen Aktivität Ernis und Dannys beständig „in Mitleidenschaft“ gezogen. Darüber hinaus drängten sich die Juvenilen besonders beim Kontaktsitzen häufig zwischen ihre Eltern, was auch von Welker und Lührmann (1978) bei einem 10 Monate alten Saguinus oedipus beobachtet wurde. Hierdurch wäre auch die geringere Häufigkeit des Kontaktsitzens bei den Eltern im Vergleich zu den Saguinus fuscicollis hinreichend erklärt“ (Imgrund, Seite 87). „In beiden untersuchten Familien war der Vater bei der sozialen Körperpflege der aktivere Partner in der Vater-Mutter-Beziehung“ (Imgrund Seite 97), was den bisherigen Befunden widerspricht. Von Wolters ([297]) hatten wir gelernt, der Vater suche den Schlafkasten als erster auf, dem widerspricht Imgrund: „Zur Reihenfolge des Verlassens bzw. des Aufsuchens des Schlafkastens sei bemerkt, dass ich24 Befunde, nach denen hier der Vater stets der Initiator ist, nicht bestätigen konnte. ... In der von mir beobachteten Gruppe ging nämlich immer das adulte Männchen Claudius als letzter in den Schlafkasten, die anderen Familienmitglieder dagegen suchten ihn stets schon einige Zeit früher auf. Claudius zeigte daraufhin regelmäßig folgendes Verhalten: Etwa 5 bis 10 Minuten lief er auf der oberen, wagerechten Holzleiter (deren äußere Streben nahe an die Käfigwände heranreichen) beständig im Kreis herum und schaute dabei nach allen Seiten. Dieses Verhalten zeigte er nur am Abend, wenn die anderen Tiere bereits alle im Schlafkasten waren, niemals während des Tages. Zwanglos könnte dieses Verhalten sicherlich dahingegend interpretiert werden, dass er, bevor er sich selbst endgültig zur Ruhe begibt, noch einmal das Terrain auf mögliche Feinde hin überprüft.“ (Imgrund, Seiten 88 - 89).



Abbildung 7.18: Saguinus oedipus oedipus, Universität Kassel


Eine weitere Langzeitbeobachtung mag einen Hinweis auf die Sozialstruktur der Lisztaffen geben. Das Männchen S13 und sein Weibchen S14 waren ebenfalls ein Wildfangpaar. Ihr erstes Kind, das Männchen S23, das wir bereits als Vater von Cosima kennengelernt haben, wurde am 23.02.1979 geboren. Drei weitere Einlingsgeburten wurden nicht aufgezogen, dagegen aber die Tochter S33 (geb. 29.10.1981) und der Sohn S41 (geb. 31.07.1982), an dem S33 bereits am Tag der Geburt sehr interessiert war. Von einem am 15.03.1983 geborenen Zwillinspaar starb eines der Kinder drei Tage nach der Geburt. Nach einem wiederum nicht aufgezogenen Jungtier (S52, geb. am 16.11.1983) überraschte uns S14 am 31.05.1984 mit einem männlichen Zwillingspaar, S60 und S61. Dann starb S14 nach einem erfolgreichen Leben, knapp 10 Jahre nach Import, am 30.07.1984. Ihre jüngsten Kinder, S60 und S61, waren zum Zeitpunkt des Todes der Mutter zwei Monate alt und offensichtlich nicht mehr auf die Muttermilch angewiesen. Die älteren Jungtiere hatten wir bereits vorher oder spätestens nach dem Tod von S14 aus der Gruppe entnommen. So blieb S13 mit seinen zwei Söhnen verwitwet zurück. Im Gegensatz zu anderen Lisztaffen-Männchen schleppte er noch regelmäßig seine Kinder mit sich herum.
Am 17.01.1985 rief mich Jürgen Wolters aus Bielefeld an, bei ihm wäre eine erwachsene Tochter herausgebissen worden, er müsse sie loswerden. Am 18.01.1985 brachte er dann UW1 bei uns vorbei, wir setzten sie sofort zu S13 und seinen ca. sechs Monate alten Kindern. Erwartungsgemäß vertrugen sich die vier Lisztaffen, wir gewannen den Eindruck, wir hätten eine glückliche normale Lisztaffenfamilie. Wie wir noch sehen werden, hatten wir tatsächlich eine polyandrische Sozialgruppe gebildet, wir hatten nämlich drei verwandte Mänchen mit einem fremden Weibchen verpaart. Am 27.09.1985, die Zwillinge S60 und S61 (Söhne der verstorbenen S14) waren mittlerweile ein Jahr und vier Monate alt, wurde das Zwillingspaar S73 und S74 geboren, am 11.05.1986 das Zwillingspaar S81 und S82 - die Zwillingsbrüder S60 und S61 waren fast zwei Jahre alt. Da beide Zwillingspaare erfolgreich aufgezogen wurden, war also eine achtköpfige Familiengruppe entstanden, bestehend aus 5 Männchen und drei Weibchen. Zweifellos ein großer Haltungserfolg. Aber bereits gut drei Monate später, am 27.08.1986, wurde der Vater S13 von seinem Sohn S60 massiv bedrängt, wir mussten ihn separieren.25 Am 27.08.1986, also gut eine Woche nach dieser Separation dominierte S61 eindeutig S60, was am „Triezen“ sichtbar war.26 S60 musste dann auch am 04.09.1986 aus der Gruppe entfernt werden. Am 28.05.1987 wurden Zwillinge geboren, von denen einer, das Weibchen S98, auch aufgezogen wurde. S61 war also Vater geworden. Der Versuch der polyandrischen Sozialgruppenbildung hatte also mehr als zwei Jahre gedauert. S61 lebte nun zusammen mit seinem Weibchen (SWolters), seiner Tochter (S98) und seinen Stiefgeschwistern (S73, S74, S81 und S82). S98 starb zwar am 01.12.1987, doch bereits am 24.01.1988 wurde das Zwillingspaar S105 und S106 geboren und aufgezogen, die Gruppe bestand wieder aus 8 Individuen. In den folgenden Jahren reproduzierten sich S61 und SWolters noch zwölfmal, 3 Einlingsgeburten, 8 Zwillingsgeburten und eine Drillingsgeburt. Von diesen 22 Jungtieren wurden 13 erfolgreich aufgezogen. Der Stiefsohn S73 wurde - mehr als acht Jahre alt - am 15.03.1993 für Zuchtzwecke entnommen. In den Jahren gemeinsamer Haltung konnte kein agonistisches Verhalten zwischen S61 und S73 beobachtet werden. Offensichtlich war für S73 seine Mutter kein attraktiver Sexualpartner.



Abbildung 7.19: Saguinus oedipus oedipus, Zoo Porto


Bevor wir nun das Sozialsystem der Lisztaffen besprechen, wollen wir einige Ergebnisse von Feldforschungen betrachten. Gary F. Dawson ([28], [29]) führte seine Beobachtungen nicht an Saguinus oedipus oedipus durch, sondern am nah verwandten Geoffroy-Perückenaffen (Saguinus oedipus geoffroyi). Unabhängig davon, dass wir ihm die ersten systematisch erhobenen Freilanddaten verdanken, ist ein Verdienst der Arbeit, dass Dawson in seinem Studiengebiet zwei verschiedene Biotope untersuchen konnte, das eine, Tiefland, war reich an Nahrung, das andere, Hochland, mit Nahrungsknappheit verbunden. Die Territorien der Tieflandgruppen umfassten 26 ha, die der Hochlandgruppen 32 ha - 43 ha (in der Trockenzeit).
Die Tieflandgruppen verteidigten ihr Territorium, Hochlandgruppen dagegen teilten ihre Territorien mit anderen Gruppen, nutzten diese gemeinsam (bis zu fünf verschiedene Gruppen, wobei sie bestimmte Gebiete zu unterschiedlicher Zeit nutzten). Erwartungsgemäß markierten die Tiere häufiger in Gebieten überlappender Territorien, initiiert durch dominante (reproduzierende) Weibchen. Sie präferierten hohe Bäume als Schlafplätze, im Mittel 14,00 m hoch. Bei den Hochlandgruppen konnte mehr Emigration und Immigration beobachtet werden. Geringere Überlebensraten und geringere Geburtsraten waren ebenfalls kennzeichnend. Die Geoffroy - Perückenaffen wurden am frühen Morgen 11,7 min nach Sonnenaufgang aktiv und begannen am späten Abend (34,2 min vor Sonnenuntergang) zu ruhen. Die meisten Geburten erfolgten zwischen März bis Juni, Peak April und Mai, ein potentieller weiterer Peak von August bis September wurde selten realisiert. Das Putzen beobachtete er vor allem während Ruhezeiten27. Er untersuchte 24 Gruppen, die im Mittel aus 6 bis 7 Individuen bestanden. Nichtgeschlechtsreife Individuen wanderten relativ häufiger aus als geschlechtsreife. Doch kehrten emigrierte Individuen häufig wieder in die Natalgruppe zurück. Nur ein Weibchen pro Gruppe züchtete.28 Die Aufzuchtsraten waren gering.29
Patricia F. Neyman 1977 ([148]) untersuchte Lisztaffen in Kolumbien. Sie beklagte, die Individuen könnten nicht unterschieden werden. Gruppenzählungen seien fragwürdig. Die Gruppengröße betrug 3 - 13 Individuen. In keiner Gruppe lebten mehr als zwei Juvenile. Sie berichtet von 2 - 6 Adulten pro Gruppe, auch gab es Gruppen ohne Weibchen. Wie Dawson beobachtete sie relativ häufiges Emigrieren und Immigrieren. Gruppen gingen sich aus dem Weg. Bei Konfrontation wären Männchen aktiver, Weibchen nicht sichtbar, Juvenile an Konflikten nicht beteiligt. Die Aktivität starte relativ spät, die Schlafbäume würden vor Dunkelheit aufgesucht. Nur einmal pro Jahr würden in einer Gruppe Jungtiere aufgezogen.



Abbildung 7.20: Saguinus oedipus oedipus, Zoo Porto


Savage et al. 1997 ([186]) berichten dies ebenfalls.30 Ihnen verdanken wir auch Informationen über zwei gravide Weibchen in einer Gruppe. (Eine Tochter (Katy) wurde im November schwanger, danach wurde sie im Dezember 1993 und Januar 1994 häufig von ihrer Mutter bedrängt, was schließlich im Februar zur Verdrängung führte. Savage et al. 1996 ([185]) geben weitere Informationen zur Sozialstruktur.31 Einer weiteren Arbeit ([188] verdanken wir auch Informationen zum Trageverhalten (Die Mutter trage am meisten in der 1. Lebenswoche, die Trageleistung der Männchen nehme zu, in den ersten 4 Lebenswochen würden die Jungen die ganze Zeit getragen, in den folgenen Wochen (5 - 9) wäre eine sukzessive Abnahme des Tragens zu beobachten, im Alter von 10 Wochen wären die Jungen zu 50 % allein, nach der 14. Woche werde nur noch selten getragen. Große Gruppen seien erfolgreicher bei der Aufzucht, Immigrationen seien häufig, d. h. eine Gruppe aus nur einem Paar sei sehr selten!
Integrieren wir diese Freilanddaten und unsere eigenen Beobachtungen, dann kann als gesichert gelten, dass in jeder Lisztaffengruppe ein Männchen und ein Weibchen dominieren.32 Nur diese paaren sich miteinander erfolgreich. In Menschenobhut, in der Lisztaffengruppen erfolgreich nur als Paar gehalten werden können, sind die Paarpartner dann auch die Eltern der entstehenden Familiengruppe.33



Abbildung 7.21: Saguinus oedipus oedipus, Zoo Porto


Lisztaffenweibchen können sich zweimal im Jahr reproduzieren und gebären in der Regel Zwillinge. Unter Freilandbedingungen reproduzieren sie aber nur einmal im Jahr, wobei die ersten Embryonen unter kargen Bedingungen eventuell resorbiert oder abortiert werden können. Diesen Verlust können Weibchen durch eine weitere Schwangerschaft im Jahr ausgleichen. Unter Laborbedingungen werden alle vier Jungtiere großgezogen, unter Freilandbedingungen überlebt in der Regel maximal eines der vier potentiellen Jungtiere. Diese Form der Sozialstruktur, nur ein Männchen und ein Weibchen reproduzieren, wird als Monogamie bezeichnet. 34 Es erübrigt sich nach neuen Bezeichnungen für das Sozialsystem der Lisztaffen zu „fahnden“35. Dabei ist mit Monogamie nicht „Treue“oder gar „Liebe“ impliziert. An der Aufzucht der Jungtiere beteiligen sich alle Gruppengmitglieder. Fremdelternpflege - wie auch die große Beteiligung des Vaters - sind ursprüngliche Merkmale, die sich in der Evolutionsgeschichte als vorteilhaft herausgestellt haben und auch unter Laborbedingungen ein Vorteil sind.36



Abbildung 7.22: Soziale Körperpflege bei einer anderen Tamarinart, dem Kaiser-Schnurrbart-Tamarin Saguinus imperator, Zoo Frankfurt


Diskussionen, ob nun der Tragende aus egoistischen Gründen trägt, also vom Tragen einen Vorteil hat, führt erwartungsgemäß zu keinem Ergebnis. Nach Tardif und Bales 1997 ([216]) dient Kindertragen nicht als Werbeverhalten bei Callitrichiden. Insofern erübrigen sich auch Abschätzungen über die Kosten und die Vorteile von allparental behaviour (Tardif 1996 ([215]). Bei den Töchtern in Familiengruppen muss man nach umfangreichen Laboruntersuchen von Charles Snowdon und seinen Mitarbeitern bei Fragen zur Geschlechtsreife37 zwischen Alter und Einsetzen von Zyklen unterscheiden38. Im Beisein eines reproduzierenden Weibchens ovulieren subordinate Weibchen nicht. Nach Geburten markieren älteste Töchter weniger und werden häufiger bedrängt (Snowdon et al. 1993 ([206])).39 Dementspechend werden Weibchen, die mit Männchen neu verpaart sind, eher geschlechtsreif als Weibchen, die in der Natalgruppe bleiben (Tardif (1984) ([213]))40.



Abbildung 7.23: Mutter putzt ihr Kind bei Saguinus imperator, Zoo Frankfurt


Zweifellos wurden die Freilandbestände der Lisztaffen in der Vergangenheit geplündert. J. H. Cerquera ([19]) zitiert eine Arbeit von Hernandez-Camacho und Cooper (1976)41, nach der schätzungsweise in den fünfzehn Jahren vor 1976 insgesamt 30000 - 40000 Lisztaffen exportiert wurden. Sie „verschwanden“ in verschiedensten Institutionen Nordamerikas und Europas. Heute wäre ein solcher Export nicht mehr möglich und auch nicht erlaubt. Der Lisztaffe ist extrem auch durch Habitatzerstörung gefährdet, daran ändern auch Trainingsprogramme für Lehrer, Schüler und Eltern, wobei dann ältere Schüler wiederum jüngere anleiten, wenig, wenngleich diese Programme sicherlich Voraussetzung sind, um die kargen Restbestände in Kolumbien zu erhalten (Savage 1993 ([189]) [187] [191]).
Glücklicherweise existiert ein Zuchtbuch, das die in Menschenobhut gehaltenen Tiere auflistet.42 Insofern mag man wie Tardif und Clapp 1993 ([220]) optimistisch sein43. Tardif führt auch aus ([214]) „No difficulties are evident which cannot be overcome if all concerned work together to maintain a genetically diverse population“ (Seite 39). Ich teile diesen Optimismus nicht. Stellt man sich vor, der Lisztaffe verlöre seinen Status als Versuchstier, als Modell für Forschungsanliegen der Onkologie, dann wäre der Großteil der Population bedroht. Dem Erhalt der Zuchtkolonien wäre die ökonomische Basis entzogen. Hoffen wir also, dass der Lisztaffe44 unseren Kindern und Nachkommen erhalten bleibt.

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#Lisztaffen#haben#ein#sehr begrenztes#Verbreitungsgebiet#im#im#nordwestlichen#
#Kolumbien.###Ihr#K#¨orpergewicht##betr¨agt#etwa##400#g.##Zur##Haltung##dieser
#Species#gilt#n#¨amliches,#was#ich#zu#Callithrix#ausgef¨uhrt#habe.##Die##Zucht#
#der#Liszta#ffen#ist#aber#weitaus#problematischer#als#die#der#Wei#ßb¨uschelaffen.#
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#Auch##neigen##Lisztaffen##zu##Kannibalismus,##was##die##Psyche##des#Halters#
#belastet.##Von#allen#bei#uns#gehaltenen#Primatenarten##waren##die#Lisztaffen#
#die##saubersten“,##sie##nagen##auch#nicht##ihr##Inventar#an,##wie#ich#es##f¨ur#
#Call”ithrix#beschrieben#habe.##M#¨usste#ich#irgendeine##A#ffenart#privat#halten,
#wu¨rde##ich#mich##f¨ur#Lisztaffen##entscheiden.###Von##einer#privaten#Haltung##
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#¨uber#Jahrtausende##domestiziert#wie#Haustiere.#Dies#gilt#f¨ur#alle A#ffenarten.
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#Primaten##Futterkonkurrenten#der#menschlichen##Primaten##sind.##############

Als Beispiel für einander putzende Tamarine habe ich zwei Bilder eingefügt, auf denen Kaiserschnurrbarttamarine abgebildet sind. Diese Art, die einen begrenzten Verbreitungraum in Brasilien und Peru hat, verdankt ihren deutschen und lateinischen Namen den wilhelminischen Kaisern. Als der Präparator einen Balg dieser Art vorliegen hatte, zwirbelte er den Bart - wie es sich im kaiserlichen Deutschland gehörte - natürlich nach oben. Der noch nicht vorher beschriebene Tamarin hatte „seinen“ Namen. In der von Mittermeier et al. 2013 veröffentlichten Beschreibung der Primates wird bei der Art Saguinus imperator zwischen zwei Unterarten differenziert, zwischen Saguinus imperator imperator und Saguinus imperator subgrisescens. Der letztgenannten Unterart dürften die Frankfurter Tiere angehören. Saguinus imperator imperator wurde Jahre lang im Kölner Zoo gezeigt. Warum die Autoren hier von Unterarten ausgehen, ist mir verborgen geblieben, haben sie doch eigentlich fast allen Unterarten den Artstatus zugesprochen. (Nach ihrer Auflistung wäre auch unser Lisztaffe nicht Saguinus oedipus oedipus sondern Saguinus oedipus, statt als Unterart wird er als selbständige Art angeführt. Dementsprechend wurden aus den Unterarten Saguinus oedipus leucopus und Saguinus oedipus geoffroyi die ArtenSaguinus leucopus und Saguinus geoffroyi.)45 Möglicherweise war hier der „kaiserliche“ Schnurrbart das Argument.


Abbildung 7.24: Saguinus imperator imperator, Zoo Köln


1Die Angaben zur Herkunft sind hier offensichtlich falsch, vgl. auch den Beitrag von Heck ([68]).

2„zärtlicher“ ist hier als empfindlicher gemeint.

3Titel der amerikanischen Originalausgabe: The monkey kingdom.

4„The choice of primate species posed several problems. The larger common primates, such as the rhesus monkey, were already used in some laboratories, though mainly for studies using lethal doses of irradiation. Also, cost and animal care difficulties impose restriction to use large numbers of such animals in chronic experiments. A careful study of the problem led us to select a South American Marmoset, the Pinché (Oedipomidas oedipus) which weighs 350-500 grams, is readily available, costs less than 20 % of the price for rhesus monkeys, and can be maintained more easily than most laboratory primates.“ (Seite 239 [65]

5Warum die Lisztaffen angeschafft werden mussten, ist mir verborgen geblieben. Ich erinnere mich noch an die Mitteilung von Meinel am 12.10.1974: „Christian, bereite alles vor, übermorgen kommen Lisztaffen, ich habe 12 Lisztaffen gekauft.“ Wir hatten keine Käfige, nur einen leeren Raum. Die hochschuleigenen Handwerker hatten Urlaub. Glücklicherweise verfügte einer unserer Hausmeister, August Schwedes, über eine Schreinerausbildung und hatte ein Herz für mein Anliegen. In Tag- und Nachtarbeit bauten wir Käfige, die sich dann auch bewährt haben und termingemäß fertig wurden.

6Dies betonten auch Snowdon und French 1983: „... keeping pairs or families in visual isolation from one another is extremely important for breeding Saguinus though not for Callithrix species. (Seite 105, [205]).

7Nur in der Kolonie von Brand (1981) wurde von einer höheren Überlebensrate von 70 % berichtet, als Erklärung führt er aus: „All the female cotton-top tamarins which have produced offspring in this laboratory were wild-caught and, with 2 exceptions, had been in captivity for several years. While only 2 of these females were known to be multiparous, others may have borne and reared young before captivity. These factors have probably been important in the ease with which these animals settled and bred in this laboratory.“ (Seite 10, [11]).

8Grebian, M.: Zur Aktivitätsrhythmik von paarweise gehaltenen Saguinus oedipus oedipus Hoffmannsegg 1807. Wissenschaftliche Hausarbeit 1976.

9Saguinus oedipus oedipus markiert, wie viele andere Callithricidae mit Drüsen der Circumgenital-Region, mit denen der Pubis-Region und mit denen der Sternal-Region ([48]).., dass die Tiere vornehmlich mit den Drüsen der Circumgenital-Region auf Käfigboden, Kastendeckel und Sprossen der Leitern, mit denen der Pubis-Region auf den Holmen der Leitern und mit denen der Sternal-Region an dem Gitter und an der Spanplattenwand markierten.“ (Grebian, Seite 41).

10Zitat Marett Grebian

11„Markieren beobachtete ich bei den Lisztaffen-Weibchen etwa zweimal pro Stunde, bei den Männchen trat es wesentlich seltener auf“ Seite 47 [173]. „Die Weibchen markieren im Gesamtbeobachtungszeitraum (150 Stunden) insgesamt 567 Mal, die Männchen insgesamt 50 Mal“ [173]. „Am häufigsten ...... wurde Anogenitalmarkieren (Ano) beobachtet. Es tritt etwa zweimal pro Stunde auf (einmal pro 30 Min. Beobachtungssitzung) und ist damit wesentlich häufiger als Suprapubikalmarkieren (Spbk), das lediglich 2,7 % der Fälle ausmacht“ Seite 24 [173].

12„Lisztaffen-Paare halten sich bevorzugt in der oberen, von der Nachbargruppe entfernten Raumhälfte auf. Dort ist auch der bevorzugte gemeinsame Aufenthaltsort für beide Paarpartner. Dieser Teil des Raumes entspricht dem, in dem am meisten markiert wird.“ Seite 121 [173] „Innerhalb der interaktiven Verhaltensweisen wird am häufigsten Körperkontakt gezeigt. Soziale Körperpflege tritt im Vergleich dazu wesentlich seltener auf, nur etwa 1/5 der Zeit, die für Körperkontakt aufgewendet wird. Betrachtet man das Verhältnis zwischen Sichpflegen und Sozialer Körperpflege, so pflegen die Lisztaffen etwa doppelt so häufig ihren Paarpartner wie sich selbst.“ Seite 23 [173] „Die Paarbeziehung bei Lisztaffen läßt sich demnach zusammenfassend wie folgt beschreiben: Lisztaffen zeigen am häufigsten Lokomotion. Sie interagieren selten miteinander. Dabei ist der Anteil soziopositiver Verhaltensweisen wesentlich höher als derjenige des agonistischen Verhaltens. innerhalb der interaktiven Verhaltensweisen ist Körperkontakt am häufigsten zu beobachten. Spiel und Verhalten aus dem Kontext der Fortpflanzung tritt sehr selten auf. Die Paarpartner verhalten sich über die Hälfte der Zeit synchron“ Seite 28 [173].

13Tatsächlich ist die Häufigkeit des Markierens ein Hinweis auf die Dominanzposition des entsprechenden Weibchens.

14Zitat Marett Grebian

15„Wir beobachteten bei den gemeinsam gehaltenen Weibchen und bei den untersuchten Paaren Partnermarkieren, vornehmlich war hier das Weibchen der aktive Partner. ... Als Gründe für das Ansteigen der Markieraktivität konnten wir Rangkämpfe, Kämpfe mit gruppenfremden Weibchen, Umgebungswechsel und Anwesenheit gruppenfremder Artgenossen erkennen, ...“ (Grebian, Seite 42).

16Zum Schicksal dieser drei Weibchen sei angemerkt: Wir vergesellschafteten sie zu zweit oder alleine mit Weißbüschelaffen - Paaren, was trotz offensichtlicher Kommunikationsprobleme auch scheinbar problemlos gelang. Doch mussten wir diese Haltungsexperimente beenden, als die Weißbüschelaffen Junge bekamen. Die Lisztaffenweibchen beteiligten sich auch an dem Tragen der Jungtiere, doch durften sie diese nicht „loswerden“ wollen. Versuchten sie diese abzustreifen, empfanden die Weißbüschelaffeneltern dies offensichtlich als Bedrohung ihrer Kinder und stürzten herbei. Sie bissen die „unschuldigen“ Lisztaffendamen in die Schwänze, worauf wir diese Experimente beendeten. Später gaben wir S6 im Tausch gegen ein Männchen an einen anderen Halter ab. Das Wildfangweibchen S2 verpaarten wir mit S9, mit dem es auch erfolgreich züchtete und die Jungen auch aufzog. Nach dem Tod von S2 verpaarten wir dann das Männchen S9 mit S8, darüber wird noch berichtet.

17Schroer, P.: Zum Anteil des Vaters, der Mutter bzw. anderer Gruppenmitglieder am Tragen der Jungen bei basalen südamerikanischen Primaten. Wissenschaftliche Hausarbeit zur ersten Staatsprüfung für das Lehramt für die Mittelstufe und die Oberstufe. Kassel, 24. April 1984.

18„For young infants (1-4 weeks), the contribution of fathers to infant carrying was negatively correlated with helpers’ contribution; as helpers carried more, fathers carried less. In contrast, the mothers’ contribution to infant carrying was unaffected by helper contribution. Mothers carried older infants (5-8 weeks) less than did fathers, regardless of infant number or helper contribution. Fathers and mothers were equally likely to retrieve a non-harassed infant; however, fathers were more likely than mothers to retrieve an infant being harassed. (Seite 73, [218]).

19„The results indicate an earlier infant independence in C. jacchus than in S. oedipus due primarily to a more frequent rejection to carried infants in C. jacchus. (Seite 103, [217]).oder: „On the basis of these preliminary data, we hypothesize that among callitrichid primates there is a direct relationship between the resource type and foraging pattern used by a species and the intensity and duration of direct infant care that are required by that species to raise viable offspring.“(Seite 233, [221]).

20Dabei „glaubte“ Cosima offensichlich, männliche Menschen wären Geschlechtspartner. Hierfür sprechen auch weitere Anekdoten. Als Ulrike und Michael Ute und Humphrey besuchten, wurde Ulrike ignoriert, Michael - der vermeinlich gleichgeschlechtliche Sozialpartner - dagegen gebissen (vgl auch Kapitel 6).

21Imgrund, G.: Vergleichende Untersuchungen zum Verhalten von Familiengruppen des Listäffchens Saguinus oedipus und des Braunrückentamarins Saguinus fuscicollis in Gefangenschaft. Wissenschaftliche Hausarbeit zur ersten Staatsprüfung für das Lehramt für die Mittelstufe und für die Oberstufe an der Gesamthochschule Kassel, Kassel, September 1986.

22Meine eigenen Beobachtungen bestätigen dies, so zeigten die Tiere in der Regel eine große Scheu bzw. Abneigung den Käfigboden zu betreten, auch wenn ihnen beispielsweise ein Stück Futter heruntergefallen war. Wir brachten daher in allen Käfigen Futterkörbe an.

23Zitat Gabriele Imgrund

24Zitat Gabriele Imgrund

25Man mag einwenden, warum habt ihr nicht länger gewartet, vielleicht hätten die beiden sich wieder vertragen. Doch widersprach dies meiner Haltungspolitik. Ich hatte - wie wir noch sehen werden - auch schwer verletzte Tiere im Sozialverband belassen, wenn der Konflikt beendet war. Wurden Sie jedoch massiv und permanent bedrängt, war der Stresstod vorhersehbar, diesen haben wir nicht riskiert, sondern - meiner Prognose - Stresstod - vertrauend stets abgesperrt.

26Das Triezen wird von Wolters und Immelmann ausführlich beschrieben, darunter muss man sich psychische Kommentkämpfe vorstellen, die bei unklarem Ausgang in Beschädigungskämpfe übergehen. Der Vater war in über 50 Lisztaffen-Familien nicht beteiligt, Mütter hingegen beteiligen sich aktiv am Vertreiben der Tochter ([298]).

27„Autogrooming and allogrooming behaviors were seen more frequently during those hours than during the remainder of the day, with the possible exception of the first few minutes following periods of rain, when autogrooming was a common, and possibly obligatory, comfort behavior.“ (Seite 88, [28])

28„A new category of social organization for primates, the age-dependent, one-male, one-female dominance system will be presented.“ (Seite 114, [28]).

29„The mortality rate for infant tamarins is quite high - about 50 percent ore more during the first six months of life. Most groups are succesful in raising only one infant.“ (Seite 130 [28]).

30„Our long term observations have shown that 88% of the births occurred between March and June each year. Two exceptions to this pattern occurred in 1992 during a severe drought in northern Columbia. None of the five females that were palpated and assessed as pregnant during the January trapping of the study groups gave birth in March-June. However, two of the five females conceived a second time during the year and give birth during the months of October and November when the rainy season began.“(Seite 332, [186]).

31„All groups contained at least one adult female and male, with several groups containing several adult males and females. Both males and females dispersed to neighboring groups, and there were no sex differences in rates of emigration. Males were more likely to immigrate into a new group following the death/emigration of a resident male. Females appeared to tolerate immigrating females but would actively defend their breeding position during fertile periods.“ (Seite 85, [185]).

32Bevorzugtes Futter wird vor allem von adulten Weibchen aufgenommen, Aggressionen richteten sich bei Lisztaffen vor allem gegen Juvenile ([222].

33Die Beziehungen der Eltern in Familiengruppem haben wir - sieht man von der Aussage ab, sie hätten besonders enge Sozialbeziehungen, ab, nicht abschließend klären können, bei dem Wildfangpaar S3 und S4 war die Mutter die aktivere Partnerin, für das Paar Claudius und Omalia berichteten wir dagegen, dass Claudius in der Vater/Mutter-Beziehung der aktivere war. Dies könnte auf individuellen Unterschieden beruhen, auf dem Altersunterschied (Omalia war zehn Jahre älter) oder auf der Tatsache, dass Claudius Omalias Sohn war. Wir hätten in unserer Kolonie die Chance gehabt, dies abschließend zu klären, haben dies aber versäumt. Nämliches gilt für die Rolle des Vaters bei dem Aufsuchen des Schlafplatzes.

34Das züchtende Paar dominiert alle nachwachsenden Gruppenmitglieder (vgl. auch [222]. Unter den Jungtieren dominieren ältere jüngere Gruppenmitglieder, solange, bis jene aus der Gruppe gedrängt werden. Für dieses Sozialsystem Rangordnungen zu konstruieren bzw. den Begriff Rangordnung überhaupt zu benutzen (([298], [297]) führt nicht weiter (vgl. auch Welker 1985 ([247]).

35Hampton et al. 1966 ([63]) spekulieren: „The tendency of the male to look after the young in so active a manner as to be almost constantly in possession of them is not a new observation. However, the notable female intolerance of female and the particularly prominent marking behavior of females as contrasted to males point to a possible unique social structure among primates. We leave to the behaviorist the decision of whether or not it is wise to call it a matriarchal order“ (Seite 282).

36Snowdon 1996 berichtet: „We have analyzed 18 years of data from our cotton-top tamarin colony .... We found only 37% infant survival with two caretakers (both parents), 70 % survival with three to four caretakers (parents plus one or two helpers), and 100 % infant survival only with five or more caretakers in a group.“ (Seite 645 - 646, [203]). Hierzu auch Wolters (1978):„The fact that female marmosets are clearly more aggressive than other female simian primates ..... and that they can behave as aggressive as the males seems to us to be one result of similar selection in both males and females rather than an indication of a matriarchal organization as Hampton et al. (1968, for Saguinus oedipus oedipus suggested.“ (Seite 274 - 275, [297]).

37Die Geschlechtsreife der Weibchen ändert nichts an sexuellen und positiv sozialen Kontakten zwischen Männchen und Weibchen, nämliches gilt für Mutter/Tochter Kontakte. Bei Anwesenheit von fremden nichtverwandten adulten Männchen nimmt jedoch das Markierverhalten der Weibchen zu ([212].

38Cycling can begin at a variety of different ages depending upon the age at which the female is removed from the influence of a reproductive female“ (Seiten 100 - 101, [205]).

39Snowdon und French (1983[205])) bemerken zurecht: „If the failure of subordinate animals to ovulate was only due to maturation then at some age females should start cycling regardless of the presence of a mother or another reproductive female. Instead we found that cycling and scent marking could be reversed by adding an older cycling female to the social group. And we have found that cycling can begin at a variety of different ages depending upon the age at which the female is removed from the influence of a reproductive female“ (Seiten 100 - 101, [205]).

40Nach dem Entfernen aus der Familie nimmt bei isolierten Weibchen die Häufigkeit des Markierens und die Hormonsekretion zu. Nach Verpaarung nimmt die Hormonsekretion dramatisch zu, und ovarielle Zyklen starten, verbunden mit Zunahme des soziosexuellen Verhaltens und der Zunahme des Markierens. Die Konfrontation mit Marken der Geburtsfamile verhindert erfolgreiche Befruchtung, hat aber keinen Effekt, wenn normale ovarielle Zyklen begonnen haben ([190].

41Hernandez-Camacho, J. and Cooper, R. W.: The nonhuman primates of Columbia. In: Neotropical Primates: Field studies and conservation. Thorington, R. W. and Heltne, P. G. (eds.) 35-69 (1976).

42Hier ist die Zusammenarbeit zwischen Zoos und Forschungseinrichtungen wichtig ([183] und gefragt.

43In einem Review zur Zucht des Lisztaffen kommen die Autoren zu dem Schluss: „The cotton-top tamarin can be maintained indefinitely in a self-sustaining captive population if proper care is taken at this point to manage the population effectively. ..... the captive population of cotton-top tamarins exceeded 1700 animals. Of these, 63,5 % were in research institutions“ (Seite 50).

44Am Rande sei noch bemerkt, dass das Farbensehen der Lisztaffen demjenigen der Menschen entspricht (Savage et al. 1987 ([184]) und dass Lisztaffen verschiedene Long calls für Kommunikation in der Gruppe (Quiett Long Call) und für die Kommunikation zwischen Gruppen (Normal Long call) benutzen, wobei aggressives Verhalten nur durch Normal Long Calls hervorgerufen wird (Snowdon et al. 1983 ([204])

45Die Argumente habe ich bereits im Kapitel 6 ausführlich diskutiert.

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